Montag, 07.10.2013
Jetzt ist aber ein Bericht mal wieder fällig. Start der 1. Chemotherapie! Wie habe ich diesen erlebt? Das wird jetzt eine etwas ausführlichere Schilderung, da jetzt natürlich am Anfang alles so neu ist. Wer keine Lust mehr hat, einfach aufhören.
Ich war natürlich ziemlich aufgeregt. Sonntagabend kroch auch schon die Angst hoch.. man konnte es sich einfach schwer vorstellen, dass man sich freiwillig Giftstoffe verabreichen lässt und diese dann in den Körper laufen. Es geht einem doch “eigentlich” gut?? Schon komisch… Aber man muss die Kehrseite sehen, was passieren würde, wenn nichts gemacht wird… Und somit ist die Chemo eine gute Sache! Mit mulmigem Gefühl bin ich ins Bett und konnte aber ganz gut schlafen. Der Wecker ging und man wusste sofort, heute ist es soweit. Ich versuchte um 7 Uhr was zu essen, obwohl mir danach nicht wirklich zu Mute war, aber die ganzen Medikamente auf nüchteren Magen wäre wohl nicht förderlich. Dann fuhren wir los. Stephan brachte mich hin und musste dann zur Arbeit weiter fahren. Wir wussten aber eh nicht, wie lange das heute alles dauern würde, von daher war das ganz gut so. Ausgemacht war dann, dass meine Mutter mich mittags oder nachmittags wieder abholt, je nach Uhrzeit. Kurz vor 8 Uhr tauchte ich in der Praxis auf und wartete noch einen Moment. Dann durfte ich mitgehen ins Therapiezimmer und mir einen Platz aussuchen. Alles war noch leer, ich war die erste. Nach kurzem warten hat die Arzthelferin schon alles vorbereitet, um mir den Port es erste Mal anzustechen. Dann ging’s schon los und es piekste kurz, aber kräftig. Also leider nicht schmerzfreier wie in der Armbeuge, wie ich zuerst gedacht hatte, aber gut, das wird wohl das Geringste sein. Vielleicht ist es beim zweiten mal anstechen schon besser. Aber ich bin froh, dass ich den Port habe, bevor meine Venen so zusammengestochen werden.
Naja, das war also schon mal geschafft. Dann wurde die erste Flasche an den Infusionsständer gehangen, erst mal ein sogenannter Vorlauf mit Medikamenten, u.a. gegen Übelkeit usw. Das war also noch harmlos. Ich bekam dann auch noch eine weitere Tablette zum Einnehmen, auch speziell gegen Übelkeit. Ich schnappte mir eine Zeitschrift und versuchte mir es gemütlich zu machen. Das sind so spezielle Therapiestühle, die man auch verstellen kann. Jeder bekommt ein großes Kissen und man wird eigentlich echt gut versorgt. Naja, so saß ich nun da und wartete, wie alles so verläuft. Der Reihe nach füllte sich der Raum immer mehr mit Leuten. Man merkte schon, dass das sozusagen “alte Hasen” waren und wussten, wie alles läuft. Irgendwann war mein Vorlauf dann leer und ich wusste, gleich geht es los mit den Killerstoffen… die Arzthelferin tauschte die Beutel aus und schloss nun den unheimlichen schwarzumhüllten Beutel an mit den Worten: So, jetzt geht es los. Wenn was ist, soll ich mich melden.
Ein blöder Moment und man macht sich schon Gedanken, wie man das jetzt verträgt. Ich musste an einen Tagebucheintrag von jemand anderen denken, der von seiner 1. Chemo berichtete, dass ihm gleich schlecht wurde, aber dass es nur seine Psyche war, weil er sich erst besinnen musste, dass das Zeug ihm ja hilft. Und dann ging es auch wieder interessanterweise weg. Das versuchte ich dann auch recht schnell: es hilft mir, es hilft mir, es hilft mir. Man muss es sich regelrecht einreden, dass man relaxt damit umgeht. Mit der Zeit gewöhnte man sich schon irgendwie daran und ich hab die Zeitschrift weiter durchgeblättert um mich abzulenken. Ungewohnt war es natürlich schon die ganze Zeit über. Ab und zu bekam ich schon ein komisches Gefühl, wusste aber nicht, ob das vielleicht nur die Psyche jetzt ist.. weil der Kopf das einfach annehmen muss. Einen blöden Geschmack im Mund konnte ich auch manchmal wahrnehmen.. vielleicht nehme ich da mal Bonbons oder so mit. Mit der Zeit war dann auch das ganze Therapiezimmer gefüllt: alles alte Männer außer ich… Das war jetzt nicht so toll. Aber es ist immer wieder mal ein Wechsel drin, wenn jemand fertig wird und jemand neues kommt rein. Später kamen dann auch alte Damen. Aber grundsätzlich kann man sagen: ich bin definitiv die jüngste!
In dem Therapieraum ist man mit den verschiedensten Leuten konfrontiert, viele bekommen auch Bluttransfusionen. Ein Mann neben mir hat schon ziemlich fertig ausgeschaut, also blass, und er verlangte auch zur Sicherheit nach einen Eimer und brauchte eine Decke, weil er anscheinend so gefroren hat…
Jeder da drin kämpft sich halt durch seine Zyklen durch. Viele schauen aber auch fit aus.
Irgendwann war dann der schwarze Beutel auch durch und es kam gleich der nächste, wenigstens ohne “schwarzen Überzug” diesmal. Jetzt hieß es wieder weiter warten. Einmal spürte ich sogar ein stechen in meiner Achsel, wo die Schwellung ist. Weiß nicht, ob das vielleicht nur Einbildung war oder tatsächlich schon die Wirkung ist. Aber ich hab auch schon gehört, dass Schwellungen recht schnell zurückgehen bei der 1. Chemo bereits. Mal sehen.
Irgendwann war dann endlich der letzte Beutel durch und ich glaub dann kam nochmal so ein Nachlauf, wenn ich mich recht erinnere. Der musste aber dann gar nicht mehr komplett durchlaufen und dann war ich endlich fertig. Danach oder vielleicht noch davor (genaue Reihenfolge weiß ich schon nicht mehr sicher) kam noch die Ärztin persönlich und verabreichte mir eine recht große Spritze mit roter Flüssigkeit in den Port. Sie erklärte mir auch, dass das rote nur Farbstoff ist. Aufgrund dieser Spitze wird vielen aber auch übel. Dann war ich endgültig fertig für heute. Das ganze ging schon ungefähr von 8.15 Uhr bis kurz vor 12.30 Uhr. Man muss halt vieel warten. Dann sollte ich noch auf die Ärztin warten, die mit mir die Medikamente für daheim noch durchgehen wollte. Da bekam ich eine ganze Tüte voll. Im Arztzimmer erklärte sie dann, wann ich was nehmen muss und wie lange usw. Da braucht man echt einen Plan, wenn man nichts falsch machen will. Es sind auch viele Begleitmedikamente dabei wie Magenschutz, Antibiotika, Mittel gegen Übelkeit und dann natürlich die Therapiemedikamente: Cortison und so Kapseln gegen den Krebs.
Während des Gesprächs hatte ich schon ab und zu so ein komisches Gefühl Richtung Übelkeit bekommen, aber war mir nicht so sicher, ob das jetzt „echt“ ist. Dann ging es endlich raus aus der Praxis…vollgepumpt. Meine Mutter holte mich ab und wir machten noch ein paar Erledigungen zusammen, ich dachte auch, Ablenkung tut jetzt gut, sonst konzentrier ich mich nur so auf die Tatsache, was in mir alles schlummert. Da merkte ich dann doch immer wieder mit der Zeit den Kampf gegen dieses komische üble Gefühl.. immer wenn es hoch kam, redete ich vor mich hin, dass es hilft und dass es gut ist usw. Ich wusste ja nicht, ob das vielleicht nur die Psyche ist, und ich nur umdenken muss.
Mein Appetit war auch ziemlich im Keller. Ich hatte für die Chemo zwei Wurstbrote und Mandarinen dabei, aber die konnte man vergessen. Die Mama hatte einen Apfel im Auto und irgendwie war das in dem Moment das einzige, was ich mir vorstellen konnte und aß was davon, damit mein Magen nicht ganz so leer ist. Nachmittags setzten wir uns auf eine Parkbank in die Sonne mit all dem schönen verfärbten Laub außen rum. Die frische Luft tat sofort gut. Daheim dann angekommen ruhte ich mich gleich am Sofa aus. Dieses ankämpfen gegen die Übelkeit hörte richtung Abend nicht wirklich auf und später am Abend verschlecherte sich auch der Allgemeinzustand. Irgendwann hab ich ziemlich gefroren und hatte so ein krankheitsgefühl. Die Übelkeit war so ein kommen und gehen… Essen konnte ich einfach nicht. Unwohl bin ich ins Bett. Achja und 3x ungefähr bekam ich am Nachmittag verteilt über Schluckauf, weiß nicht, ob das von der Chemo auch kommt… Am Abend nahm ich dann doch schon was von den Tropfen gegen Übelkeit- ich glaube sie halfen dann schon, auch für die Nacht. Das schlafen tat sehr gut, war ko, allerdings hatte ich nachts wieder ziemlich geschwitzt. Ja so insgesamt hatte ich nicht damit gerechnet, am ersten Tag doch schon was zu merken… Aber ich nahm mir, dass morgen der Ärztin gleich zu erzählen. Die Nacht gab wieder neue Kraft und es wurde Dienstag.
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